von Christiane Schlenzig.

Klappentext:
Christoph hat von seiner Frau erfahren, dass er Vater werden wird. Eine Narbe, die verheilt geglaubt, bricht wieder in ihm auf, seine verzweifelte Suche nach dem Vater. Vergangenheit und Zukunft treffen aufeinander. Schließlich bringen die Aufzeichnungen der Mutter aus den Jahren 1987 bis 1989 eine bittere Wahrheit ans Licht. Eine Geschichte über Kindheit und Erwachsenwerden und die Sehnsucht nach einer harmonischen Familie.
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Buchdetails
Genre: Familienroman, Gesellschaftsroman
Erschienen als …
Taschenbuch
ISBN 978-3769376067
Seitenzahl: 188
Distributor/Verlag: BoD – Books on Demand
Leseprobe
Waren es die Gegenstände – die männliche Armbanduhr, das Taschenmesser, das Foto im Briefumschlag, der Schlüssel? Waren es die Buchstaben auf der Metallplakette? Was war es, dass die Hoffnung Schicht um Schicht wieder zurückgekehrt war, die Hoffnung, der Vater könne noch leben und irgendwo auf ihn warten. Christoph lag abends in seinem Bett, dachte über Dinge nach, von denen er nie gedacht hätte, dass er sie denken würde.
Das von der Jalousie in Streifen geschnittene Licht des Mondes lag auf seinem Bett, und er konnte sich einbilden, dass eine behaarte Männerhand über seine Bettdecke streicht, über seinen Kopf, das Lederband der Armbanduhr kitzelt, die tiefe Stimme erzählt eine Gute-Nacht-Geschichte, eine Geschichte von dem Mond, der auf die Erde kullert, groß und rund und hell.
So im Bett liegend stellte er sich vor, wie es wäre, wenn er zaubern könnte. Zum Beispiel, dass sie in dieser kleinen Wohnung eine richtige Familie wären: Vater, Mutter, Kind.
Dass immer einer von beiden da ist, mit ihm Hausaufgaben macht, mit ihm ins Kino geht, mit ihm auf dem Fahrrad durch den Park radelt.
Alles konnte man sich vorstellen.
Als wäre eine ferne Botschaft aus dem All – Asteroid, würde Uwe sagen –, auf ihn herabgestürzt … Die Fundstücke in dem Schuhkarton hatten Christophs Tagesablauf völlig durcheinandergebracht. Die meiste Zeit saß er in seinem Zimmer, grübelte und wartete auf das Wochenende bei Barbara. Seine Gedanken kreisten um den Schlüssel.
Noch einmal hatte er den Karton von Mutters Schrank geholt und sich den Inhalt genau angeschaut.
Die Armbanduhr war sehr alt, hatte ein breites, braunes Lederarmband und einen altmodischen Handaufzug. Beim Versuch, die Uhr aufzuziehen, rutschte er ab und dachte bewundernd an seine Oma, die ihre Armbanduhr jeden Abend mit einer immensen Schnelligkeit und geschickten Fingern aufgezogen hatte.
Dann endlich Wochenende. Die Mutter kam vom Nachtdienst, abgezehrt, dunkle Höhlen in ihrem Gesicht. Manchmal ängstigte ihn die Vorstellung, Mutter könnte umkippen und bewusstlos auf dem Boden liegen. Diese Gedanken versuchte er mit sachlichem Ton wegzuwischen, indem er sagte: »Ich gehe zu Barbara, du kannst schlafen gehen«, und seine Jacke vom Haken nahm, und ohne eine Reaktion seitens der Mutter abzuwarten, die Wohnung verließ …
Die Autorin
Die Autorin lebt heute in der Oberlausitz Sie ist Mitglied im Berufsverband junger Autoren.
Sie schreibt Prosa: Autobiografisches und Fiktives, gesellschaftskritische Gegenwartsliteratur. Mehrere Veröffentlichungen in Anthologien, u.a. in „Wer die Wahrheit spricht muss immer ein gesatteltes Pferd bereithalten“, „Mauerstücke“, „Ich bin ein 89er“. 2012 erschien ihr erster Roman – es folgten vier weitere Romane und Kurzgeschichten.
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