Leser-Rezension eingereicht von Michael Kothe, Autor.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐ 4 / 5 Sterne
Erster Eindruck
Die Erinnerung an zwei Bestseller im Fantasygenre wurde wach, als ich „Dolmatûm – Die Jagd nach dem Ësaroth*“ von Tino Took las. Passagen aus „Eragon“ drängten sich mir auf beim Aufbruch Deorns, des anfangs naiven und später zweifelhaften Helden, zu seiner Mission, einen übermächtigen Feind zu besiegen. Sein Aufenthalt bei den Zwergen und sein Feldzug mit einer zwergischen Streitmacht hat in Bezug auf das Setting und einige Figuren starke Parallelen zu der erfolgreichen Reihe der „Zwergen“-Bücher von Markus Heitz. Trotz dieser Vergleiche war es kein Déjà-vu, denn Took bringt mit seinem Elemantarwesen Ësaroth eine neue Gattung von Ungeheuern ins Spiel, außerdem legt er den Fokus auf die charakterliche Wandlung Deorns und die Wirkung, die diese Entwicklung auf seine Gefährten hat.
Inhalt
Nachdem Deorn seine geliebte Frau Talia verliert, versinkt er in Trauer. Seine Depression schlägt in Rachegefühle um, als ihm zugetragen wird, ein magischer Drache habe den ganzen Ort ausgelöscht, zu dem Talia gereist war. Er folgt den Boten, die ihre Warnung auch in anderen Ländern verbreiten, und findet bei den Zwergen Unterstützung für sein Vorhaben, sich dem Ungeheuer zu stellen. So nimmt er samt seiner Freundin Sivana, die sich ihm anschließt, eine harte Ausbildung zum Kämpfer auf sich und zieht aus, den Drachen zu erlegen. Noch ahnt er nicht, welche vernichtende Kraft diesem Elementar innewohnt. Getrieben von seinen immer stärker werdenden Rachegelüsten setzt er sich über alle Warnungen und Mäßigungsversuche seiner Getreuen hinweg …
Schreibstil
Took bezieht den Leser beständig ins Geschehen ein. Er richtet den Blick auf die Innenschau seines Helden, die Depression, die sich steigernde Wut und die naive Entschlossenheit, in einen Kampf zu ziehen, ohne sich der Macht seines Gegners bewusst zu sein. Doch ebenso kommen seine gemäßigten Gefährten zu Wort, von denen sich gerade die seiner Verbissenheit entgegenstellen, auf die er am meisten gezählt hatte. Dramatische Szenen mit wütenden Gesten arbeiten den Schwerpunkt des Romans heraus: die innere Heldenreise Deorns vom resignierten, depressiven jungen Mann zum Anführer einer Streitmacht. Dass er sein Chrisma missbraucht, um entgegen dem Wohle aller seine Rachegelüste zu befriedigen, hebt den Roman vom üblichen Verlauf im Genre Fantasy ab. Den persönlichen Konflikt und den zwischen zwei Weltbildern lässt Took durchgehend aufleben, indem die häufigen, lebendig formulierten Dialoge sie zum Inhalt nehmen: „Menschen versuchen stets, sich die Natur gefügig zu machen. Wir hingegen fügen uns in sie ein.“ Düstere Bilder und Formulierungen führen äußere und innere Heldenreise – also Handlung und Charakterentwicklung – zur perfekten Übereinstimmung. Die bildreiche Sprache Tooks ist geprägt durch viele beschreibende Adjektive und den häufigen Gebrauch des ungewohnten Partizips Präsens. Beides macht den Schreibstil besonders und reizvoll.
Fazit
Fantasyleser, die ihre Helden charakterlich wachsen sehen wollen, werden trotz oder gerade wegen der interessanten, weil vom Klischee abweichenden Entwicklung ihre Freude an „Dolmatûm – Die Jagd nach dem Ësaroth“ haben. Mich persönlich jedoch ließ diese Wandlung mit Deorn nicht warm werden, weshalb ich Abstand von ausgerechnet der wichtigsten Romanfigur nahm. Mental fühlte ich mich zu Sivana hingezogen und zu anderen Weggefährten, von denen manche durch seine Unbedachtheit zu Schaden oder gar zu Tode kamen. Ein packender, lebendig geschriebener Roman mit einem unheilvollen Tenor! Auf beeindruckende Weise zeigt uns Took, dass Fantasy facettenreicher ist als die Beobachtung friedlich äsender Einhörner im Zauberwald.
Autor/-in: Tino Took
Zum Buch: Dolmatûm – Die Jagd nach dem Ësaroth*
Hinweis: Dieser Buchtitel wurde nicht auf buecherversum.de vorgestellt. *Amazon-Link