Leser-Rezension eingereicht von Simon.
Bewertung: ⭐⭐⭐⭐⭐ 5 / 5 Sterne
Zu Beginn von „Die Magie der Tausend Lande – Der Herr der Toten“ erfüllt sich der größte Wunsch des Protagonisten Finnwald: Er wird zu den Friedenswächtern berufen. Doch als sich herausstellt, dass er ein Nekromant ist, der anderen den Lebensfunken entreißen und damit ganze Armeen von Leichnamen erwecken und befehligen kann, ächten sie ihn. So gelangt er zu ihren Feinden, den Jüngern des Todes, die ihn für seine zerstörerische Magie verehren.
Während die Friedenswächter zunächst als die sinnbildlich Guten eingeführt werden, scheinen die fanatischen Jünger zunächst das Böse zu repräsentieren. Doch diese klare Trennung von schwarz und weiß verwischt im Laufe der Geschichte zunehmend, je mehr Finn über die beiden Organisationen erfährt und je weiter er persönlich reift. Auf 520 Seiten in (sehr!) kleiner Schrift entfaltet sich eine abwechslungsreiche Fantasy-Geschichte um den Konflikt zwischen den Wächtern, die mit strikten Gesetzen und drakonischen Strafen den Frieden in den Tausend Landen erzwingen, und den Jüngern des Todes, denen jedes Mittel recht ist, um sich ihre Freiheit zu erkämpfen. Finn muss sich entscheiden, auf wessen Seite er sich stellen will.
Ravens Schreibstil orientiert sich an der Erzählweise klassischer High-Fantasy Romane und bleibt dabei immer eng an seiner Hauptfigur. Dennoch bricht er mit der Tradition, indem er eine klare Trennung ‚Guter‘ und ‚Böser‘ einführt und diese dann nach und nach erodieren lässt. So ist nur bei wenigen der Figuren zweifelsfrei klar, welches ihre Motive sind und wie sie zu Finn stehen, was immer wieder zu unerwarteten und interessanten Wendungen führt.
Die Geschichte schäumt von originellen Charakteren und entführt damit in eine faszinierende Fantasiewelt. Man begegnet nicht nur Steinwesen, intelligenten Bäumen, lebenden Schwingungen und zynischen Vogelwesen, auch altbekannte Arten, wie z.B. Trolle, Orks, Nornen und sogar der Weltenbaum Yggdrasil aus der nordischen Mythologie, erfahren eine völlig neue, spritzige Interpretation.
Trotz der Vielzahl der Figuren und ihrer teils komplexen Hintergründe verliert man als Leser nie den Überblick, da man sich im Gegenzug nur auf einen Handlungsstrang konzentrieren muss und an den richtigen Stellen geschickt und unaufdringlich an bereits Erwähntes erinnert wird. Ein interessanter Nebenaspekt ist, dass der Autor in jeder Hinsicht großen Wert auf einen logischen Aufbau und Konsistenz legt, so sind das Magiesystem, die Motive und Hintergründe der Figuren und die Geschichte der Tausend Lande ebenso plausibel und in sich stimmig wie die Geschichte.
Das Buch ist gut geschrieben und wird, anders als der Titel vermuten lässt, nur selten düster. Durch das gleichmäßig hohe Erzähltempo entstehen keine Längen, so dass man es nicht mehr aus der Hand legen möchte. Man sollte jedoch keinen nervenkitzelnden oder gar blutigen Thriller erwarten, sondern eine spannende Geschichte, die zugleich zum Nachdenken über die Werte Frieden, Einheit und Freiheit anregt. Dabei gelingt es dem Autor diese Thematik, die kaum aktueller und vielschichtiger sein könnte, auf eine leichte, fast schon spielerische Weise in seine Fantasiewelt zu überführen, aber sie dennoch ernst zu nehmen und ihr gerecht zu werden.
„Die Magie der Tausend Lande – Der Herr der Toten“ kann durchaus als Geheimtipp gelten und man bekommt angesichts eines Umfangs, der sonst eher zwei Romanen entspricht, reichlich Lesestoff für sein Geld. Obwohl es sich um den ersten Band einer Reihe handelt, ist die Geschichte in sich abgeschlossen. Wer jedoch mehr von den Tausend Landen lesen möchte, kann sich auf den bald erscheinenden, zweiten Band „Der Arkane Schmied“ freuen.
Damit ist das Buch eine klare Leseempfehlung für alle Freunde des Fantastischen.
Autor: Andrew J Raven
Zum Buch: Die Magie der Tausend Lande – Der Herr der Toten
Hinweis: Dieser Buchtitel wurde nicht auf buecherversum.de vorgestellt.